Während der vergangenen 14 Tage war ich hauptsächlich mit meiner ersten richtigen Lehrtätigkeit beschäftigt. Ich habe von Prof Krom das letzte Drittel seiner Vorlesung "Applied and Environmental Geochemistry" übernommen und versuche den Studenten Oberflächenchemie nahezubringen. Sehr wenig Zeit für sehr komplexe Zusammenhänge. Die Studenten nehmen hier an einem einjährigen Programm teil, das ihnen, aufbauend auf einem Bachelor's Degree einen Master in Geochemie, also so etwas wie ein Diplom, einbringen wird.
Ich habe frühzeitig angefangen vorzubereiten, fühle mich aber nach der ersten Hälfte ziemlich fertig. Inzwischen weiß ich, wie gut ihr Hintergrund in Chemie oder Geologie ist, was ich nicht vorraussetzen darf und immer erst erklären muß, bevor ich zur eigenlichen Thematik meiner Vorlesung vorstoßen kann. Das ist einer der Gründe, warum ich mit meinem Stoff hinterher bin. Der andere ist sicherlich, daß ich immer noch Anfänger bin und langsam und umständlich spreche, und manchmal nach Worten suche. Aber "langsam" ist ja nicht unbedingt schlecht. Inzwischen frage die Studenten auch nach, wenn sie etwas nicht verstanden haben, oder sagen mir, wenn sie gerne zusätzliche Info oder ein handout haben wollen.
Anfangs habe ich versucht, die Studenten einzubeziehen, damit ihnen nicht zu langweilig wird und um den Lernprozess zu fördern, und habe ein paar von ihnen an die Tafel geholt um Strukturen und Gleichungen aufzumalen. Ich fand das einen vollen Erfolg. Das ist ihnen wohl seit der Schule nicht mehr passiert. Inzwischen ist es aber leider vor allem eine Vorlesung, d.h. ich erkläre den Stoff mit Hilfe von Dias (vom Computer) und Gleichungen an der Tafel. Morgen gibt's Hausaufgaben, die lasse ich dann wieder an der Tafel vorrechnen.
Ich habe frühzeitig angefangen vorzubereiten, fühle mich aber nach der ersten Hälfte ziemlich fertig. Inzwischen weiß ich, wie gut ihr Hintergrund in Chemie oder Geologie ist, was ich nicht vorraussetzen darf und immer erst erklären muß, bevor ich zur eigenlichen Thematik meiner Vorlesung vorstoßen kann. Das ist einer der Gründe, warum ich mit meinem Stoff hinterher bin. Der andere ist sicherlich, daß ich immer noch Anfänger bin und langsam und umständlich spreche, und manchmal nach Worten suche. Aber "langsam" ist ja nicht unbedingt schlecht. Inzwischen frage die Studenten auch nach, wenn sie etwas nicht verstanden haben, oder sagen mir, wenn sie gerne zusätzliche Info oder ein handout haben wollen.
Anfangs habe ich versucht, die Studenten einzubeziehen, damit ihnen nicht zu langweilig wird und um den Lernprozess zu fördern, und habe ein paar von ihnen an die Tafel geholt um Strukturen und Gleichungen aufzumalen. Ich fand das einen vollen Erfolg. Das ist ihnen wohl seit der Schule nicht mehr passiert. Inzwischen ist es aber leider vor allem eine Vorlesung, d.h. ich erkläre den Stoff mit Hilfe von Dias (vom Computer) und Gleichungen an der Tafel. Morgen gibt's Hausaufgaben, die lasse ich dann wieder an der Tafel vorrechnen.
Stefan Hunger - am Dienstag, 23. November 2004, 19:24 - Rubrik: Arbeit
Joachim Weiß meinte am 24. Nov, 12:41:
Wow, eigene Vorlesung
Toll!In einem Jahr vom Bachelor zum Master: ist das nicht ein bisschen knapp? Welchem Wissenstand eines Studiums z.B. in Marburg würde denn der Bachelor entsprechen? Ich dachte bisher immer, das kommt so etwa nach dem Vordiplom.
Und wie gut ist denn der Hintergrund der Studenten? Besser als erwartet? (Wohl kaum :-)
Was die Geschwindigkeit angeht, hast du allerdings recht - das ist es, was eine Vorlesung automatisch schlechter macht: die Routine. Je besser man sich auskennt in einem Thema, je länger man sich mit was beschäftigt hat, umso schlechter kann man sich vorstellen, an welcher Stelle es Verständnisprobleme geben kann.
Das hört sich gut an, das die Studenten dir Feedback geben. Hast du sie dazu ermutigt? Oder machen die das von sich aus? Sowas kenne ich aus meine Studienzeit nicht. Und als Praktikumsbetreuer (darauf beschränkte sich ja meine Lehrtätigkeit) habe ich das auch nicht erlebt.
Und woran hast du den Erfolg bei der Einbeziehung der Studis festgestellt? Ja, ich stimme dir aber zu: so sollte das eigentlich immer sein. Im Nachhinein betrachtet ist die Art "Vorlesung", wie ich sie kenne, wirklich nicht optimal.
Und stellst du häufig Hausaufgaben? Um welche Themen geht es denn überhaupt? Gibt es Infos zu den Kursen im Web? Oder stellst du deine Dias oder Handouts ins Web?
Hört sich super spannend an. Musst du im Dezember unbedingt genauer erzählen!
Stefan Hunger antwortete am 25. Nov, 10:19:
Den Bachelor gibt es üblicherweise nach 4 Jahren, dauert also ein Jahr länger als ein übliches deutsches Vordiplom, wenn man das dreizehnte Schuljahr noch einrechnet. Letzteres wird aber auch immer seltener in Deutschland. Bis zum Master also fünf Jahre, womit man tatsächlich in die Bereich eines Diploms, z.B. in Chemie, kommt. Besonders dann, wenn man bedenkt, daß die Thesis (Diplomarbeit) hier eine Angelegenheit von einem knappen halben Jahr ist. Erinnerst du dich an den Sommer, als ich von meiner Diplomandin Helen erzählt habe? Sie hat von April bis September bei uns im Labor gearbeitet und ihre Arbeit zusammengeschrieben.Studieren kostet allerdings Gebühren, und die Studenten schauen, daß sie ihr Studium zügig um bekommen. Die Tatsache, daß es ziemlich verschult ist, kommt ihnen da entgegen.
Der Hintergrund der Studis ist unterschiedlich gut. Liane hat erzählt, daß viele Geologie studieren, ohne großartig Naturwissenschaften in den O- oder A-levels belegt zu haben (O-levels heißen inzwischen GCSE). Ich sah also eine ganze Reihe erschreckter Gesichter, als ich am Montag die Poisson-Boltzmann-Gleichung hergeleitet habe, und mit einer Differentialgleichung konnten nur etwa die Hälfte etwas anfangen. Die analytische Lösung habe ich ihnen und auch mir erspart. Der Mehrwert wäre auch nur sehr beschränkt gewesen. MIr reicht es, wenn sie verstehen, daß die P.-B. Gleichung Oberflächenladung und Potential korreliert, und ein Mittel an die Hand gibt, mit dem man abschätzen kann, wie die Konzentrationsgradienten von Ionen im Potentialgradienten der geladenen Oberfläche verlaufen. Ich bin sowieso nicht so gut darin, Gleichungen zu jonglieren. Ich war nur gut vorbereitet.
Ich habe den Studenten gesagt sie sollen mich unterbrechen, wenn sie Fragen haben, was sie auch inzwischen bereitwilliger tun. Sie haben mir dadurch ein paar mal gezeigt, daß etwas, das ich vor Minuten erklärt hatte, gar nicht angekommen war. Im Übrigen wirken sie wacher und aufmerksamer, wenn sie damit rechnen müssen, daß ich sie aufrufe. :-)
Gestern habe ich endlich das Hausaufgabenblatt fertig bekommen, habe aber meine Studis nicht mehr getroffen (Vorlesung ist Montag und Dienstag). Wenn ich es ihnen heute geben, haben sie Zeit bis Montag, sich damit auseinanderzusetzen, und wir können dann während der ersten zwanzig Minuten die Aufgaben durchgehen. Meine Vorlesung ist insgesamt nicht so toll vorbereitet, ich habe ein paar Handouts, die aber zumeist Kopien aus dem Lehrbuch sind. Sie benutzen hier andere Lehrbücher, die meine Themen gar nicht so detailiert behandeln, und ich lieber mit Don Sparks's Buch arbeite. Ich nutze also keine Online-Resourcen.